Traktat über die drei Betrüger (1)



Trotz intensiver Forschung konnte die Wissenschaft bis heute nicht den Verfasser der Zeilen dieses Traktats ausfindig machen. Jenes Verfassers, dessen Zeilen heute noch aktueller denn je erscheinen und die in über 300 Jahren nichts an Aussagegehalt eingebüßt haben.

Auch sollte es uns nicht wundern, weshalb der Verfasser des Traktats vermutlich besser anonym bleiben wollte, denn die Benennung seines Namens hätte zur damaligen Zeit für ihn ganz gewiss bestialische Folter mit anschließender Ermordung zur Folge gehabt.

Die legendäre Abhandlung über die drei Betrüger (Moses, Jesus und Mohammed) zählt zu den herausragenden Schlüsseltexten der französischen Aufklärung. Die Schrift markiert den Übergang von der rationalen Religionskritik zum konsequenten Atheismus in der Philosophie der Neuzeit und war z.B. auch für de Sade ein wichtiger Ausgangspunkt.

Es war in einer Zeit als die Kirche mächtig war und alles kontrollierte: im 17. Jh. entstand dieses Werk als wichtige Vorstufe bzw. Grundlage der Aufklärung. Alleine die Entwicklung dieser Gedanken bzw. wer möglicherweise bei der Abfassung des Traktates wider die Betrüger Moses, Jesus und Mohammed beteiligt war, liest sich spannend und weist genau in dunkle Zeiten, in denen Gedanken kontrolliert und nicht offen geäußert werden konnten. Warum entstand die Aufklärung in Europa und nicht im Nahen Osten, warum begannen hier Menschen nachzudenken und nicht mehr das nachzubeten was man ihnen vorkaute? Schwer zu sagen, aber es begann u.a. mit diesen in Paragraphen verfassten Seiten. Wir lesen im § 2 z.B.:

„Der Erfolg der Verfechter dieser Absurditäten (der Religionen) ist so groß, dass es gefährlich ist, sie zu bekämpfen. Diese Betrüger haben ein großes Interesse an der Unwissenheit des Volkes, als dass sie hinnehmen könnten, dass man ihnen die Augen öffnet.“

Der Schrei nach Vernunft und einem würdigen Leben abseits von Aberglauben - nichts andere seien die monotheistischen Lehren - ist ein neues Licht, das im 17. Jh. auftaucht und die Widersprüche der Religionen offen legt. Wenn Menschen Dinge nicht verstehen, neigen sie dazu, mystische Antworten zu geben, um sich zu beruhigen, nichts anderes sieht man in den Hirngespinsten, die Religionen bedienen und damit das Volk klein bzw. als Sklaven halten.

Ein gigantischer Narzissmus atmet durch alle Religionen im Hinblick auf die Selbstbezüglichkeit: die Natur sei für den Menschen erschaffen, er die Krone der Schöpfung.

Vor den Religionen gab es nur die Pflicht zum Gehorsam gegenüber den natürlichen Gesetzen, lesen wir, d.h. zur Übereinstimmung mit der rechten Vernunft. Man lebte friedlicher und kannte die Furcht gegenüber eifersüchtigen Göttern nicht, monotheistische Religionen begannen das Leben zu vergiften und zu verstümmeln. Wir lesen auf Seite 111: „Die Erscheinungen Gottes und seine Unterredungen mit Moses und Mohammed sind ebenso wie die göttliche Herkunft Jesu die größten Betrügereien, die je verbreitet wurden. Wer die Wahrheit liebt, muss sich von ihnen fernhalten.“

Ein erhellendes Buch, das gläubigen Menschen nicht gefallen dürfte, Gedanken der Vernunft und der Natur fließen - um Gott abzulehnen braucht es nicht allzuviel Verstand! Die Sätze klingen logisch und erfrischend human, sie lösen uns von Verstrickungen falscher Vorstellungen von Himmel oder Hölle oder auch Descartes, der auf das Schönste auf die Hörner genommen und weit weg geworfen wird. Religionen hatten nach Ansicht der Verfasser nur einen Zweck: Menschen klein zu machen, sie in die Pflicht zu nehmen, um sie besser ausbeuten zu können.

In der gleichen Zeit entstand dieses Werk: Das Testament des Abbé Meslier: Die Grundschrift der modernen Religionskritik - ein ebenso scharfes, unversöhnliches Traktat der Religionskritik.




Nach oben