Hunderttausende Schweine und andere "Nutztiere" müssen oft unnötig leiden. Obwohl es gegen unser Tierschutzgesetz verstößt, geraten jedes Jahr über eine halbe Million Schweine lebend statt tot in die Brüh- und Zerlegemaschinerie.

 

Noch nie wurden in Deutschland so viele Schweine geschlachtet, wie im vergangenen Jahr. Rund 56 Millionen vermeldete kürzlich das Statistische Bundesamt - absoluter Rekord. In vielen Schlachthöfen jedoch bleibt der gesetzlich vorgeschriebene Tierschutz oft auf der Strecke und Hunderttausende Schweine und Rinder müssen alltäglich Grausames erleiden.

Obwohl es gegen das Gesetz verstößt, geraten jedes Jahr über eine halbe Million Schweine lebend statt tot in die Brüh- und Zerlegemaschinerie. Experten sprechen von schlimmsten Qualen, die hier aus Kostengründen billigend in Kauf genommen werden. Denn längst gibt es Methoden und Kontrollgeräte, um sicherzustellen, dass ein Tier auch tot ist, ehe es gebrüht und weiterverarbeitet wird. So will es auch das Gesetz, doch kaum ein Schlachthof hat die aufwendigen Kontrollgeräte bisher installiert.
 

Die Deutschen Tierärzte schlugen bereits schon im Herbst 2009 auf ihrem Bundeskongress Alarm und forderten dringlichst notwendige Verbesserungen in den Schlachthöfen.

Prof. Karsten Fehlhaber von der Bundestierärztekammer beklagt jahrelange Versäumnisse der Schlachthofbetreiber, denn im Schnitt würden eine halbe Million Schweine vor der Schlachtung nicht ausreichend betäubt bzw. nicht sachgerecht entblutet.

"Das ist etwas, wo wir als Tierärzte auf die Barrikaden gehen müssen, und wir müssen dafür sorgen, dass diese Zustände relativ rasch verbessert und abgestellt werden." Doch passiert ist bisher fast nichts. Der Grund: Geld und Zeit sind Trumpf in den Betrieben.
 
Auch die Schweinebetäubung wird von Experten kritisiert, immer häufiger kommt Kohlendioxidgas zum Einsatz. Das Gas ist billig, mehrere Tiere können gleichzeitig betäubt werden. Für die Schweine allerdings bedeutet das einen Kampf gegen das Gefühl zu ersticken, oft schlimmste Panik vor dem Tod. Bei der Betäubung von Rindern nimmt man sogar mehrere Prozent an Fehlbetäubungen in Kauf.

Wie lange noch werden derartige Grausamkeiten toleriert? Wie lange will die "Krone der Schöpfung" noch tatenlos und gleichgültig zusehen, dass viele der Schlachttiere oftmals nicht ordnungsgemäß betäubt werden und daher nicht selten noch bei vollem Bewusstsein sind, wenn sie am Fließband hängen und betreffs des Entblutens getötet werden, obwohl unser Tierschutzgesetz das eindeutig vorschreibt? Doch teure Anlagen, die Fehlbetäubungen ausschließen, sind nur selten in vielen Schlachtbetrieben zu finden.
 

Deutliche Worte zu diesen Missständen findet unter anderem Prof. Klaus Troeger - Leiter im Bundesforschunginstitut für Ernährung und Lebensmittel - der diese Mißstände als  katastrophale Tierquälerei bezeichnet. Es gäbe zwar eine entsprechende Vorschrift in der Tierschutz-Schlachtverordnung, nach der die Entblutung und Betäubung kontrolliert werden müsse. Es bestehe daher dringendster Handlungsbedarf. " Wir weisen seit Jahren darauf hin, bisher jedoch ohne Erfolg."
 

Die zuständige Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner gesteht auf Nachfrage von Frontal21 ein, dass die beschriebenen Zustände "gegen Recht und Gesetz verstoßen". Gleichzeitig betont das Ministerium, dass neue EU-Vorschriften das Problem beheben würden. Fest steht, dass den einzelnen EU Ländern bis 2013 Zeit gelassen wird, strengere Vorschriften umzusetzen.
 

 

 

 

 

 

 

Nach oben