S c h a n d e
Bedenke, wenn du irgendwo in der Natur sitzt, wie viele Lebensformen du sofort siehst: Hunde, Eidechsen, Ameisen, Bienen, du hörst Vögel und siehst Katzen, Pferde, Schafe und Menschen. Bedenke nun, dass jede Lebensform, jede Gruppe die Welt anders sieht, wahrnimmt, wertet, organisiert und zum Gesamtwesen der Welt seinen Beitrag leistet. Bedenke zum Schluss die Rolle des Menschen im gesamten Naturgeschehen und du wirst Schreckliches feststellen, wirst vor Scham und Schreck die Augen niederschlagen.

 

W a n d l u n g
Je mehr Menschen ich kennengelernt habe, desto größer wurde meine Distanziertheit und Verachtung der Menschenwelt gegenüber und umso mehr habe ich die Tiere geliebt und geachtet.

 

Ü b e r l e g e n h e i t
Im Einklang mit dem Schicksal leben - nur Tiere sind dazu fähig. Auch hier sind sie dem Menschen überlegen.

 

M i s c h u n g
Mische das Wesen eines Hundes mit dem Wesen eines Menschen, dann wird der Mensch besser, der Hund schlechter.

 

R e i h e n f o l g e
Lauft durch euer Leben, lauft durch eure Straßen mit offenen Augen. Die Belanglosigkeit, die Mittelmäßigkeit, die Austauschbarkeit, die Unvernunft und Gleichgültigkeit, die Feigheit und Dummheit, die dich anspringt, ist grenzenlos. Und das Wesen mit diesen Eigenschaften soll über der übrigen Natur stehen?

 

P a r a s i t
Am Baum der Natur ist der Mensch die Parasitenpflanze, die den Baum aussaugt und erwürgt. Trost gibt nur, dass mit dem Tod des Baumes auch der Parasit verendet.

 

D i e A u s n a h m e
Die Bienen sammeln Honig vom Lavendel auf unserer Terrasse, morgens, mittags, abends. Ist es nicht so, dass jedes Tier zum Gelingen der Natur beiträgt, sie nicht zerstört, hingegen der Mensch als Parasit lebt, als einziges Lebewesen, das der Natur zum Schaden, nicht zum Nutzen, lebt?

 

T o d e s z e i t p u n k t
In der Morgendämmerung hatte ich diesen Gedanken: das ist die Stunde, in der man Menschen hinrichtete - Tiere ermordet man zu jeder Tageszeit!

 

D e r B l i n d e
Schau deinem Hund in die Augen. Meinst du zu wissen, wie er sein Leben sieht, fühlt, seine eigene Existenz wahrnimmt? Nur eine überhebliche Meinung hierzu hast du, du anmaßender Blinder! Welch Wahn, menschliche Denkgewohnheiten auf andere Lebensformen zu übertragen.

 

S t e i n h a u s
Die Kuh aus Holland schrie die ganze Nacht ihre Verzweiflung ins Tal; der Viehtransporter abends mit ihr auf dem Weg nach Rom, zum Schlachthof. Ich habe in diesem Moment viel von meiner Seele verloren und Todessehnsucht hinzugewonnen - der Mensch, der Wahnsinn der Natur!

 

G l e i c h g ü l t i g
Das Leiden anderer Wesen - gleich ob Mensch oder Tier - ist euch völlig gleichgültig, solange ihr nur beim Zahnarzt eine Narkosespritze bekommt.

 

E i n o r d n u n g
Das ist es, was eurem Denken fehlt, wo euch eure Überheblichkeit vorbeiführt: die Gesamtschau der Natur und eure demütige Einordnung. Euch fehlt die Erkenntnis, dass jedes Lebewesen gleichwertig ist, wie ein Wassertropfen dem anderen.

 

Z w e i  B e i n e
Nur weil ihr zufällig von der Natur so geboren wurdet, dass ihr auf zwei Beinen lauft, habt ihr mehr Würde, mehr Rechte, mehr Daseinsberechtigung als die restliche lebende Natur? Wer das glaubt, der ist krank im Geist!

 

W a i d m a n n s k r a n k
Herbstzeit, freitags, meist samstags, vereinzelt Gruppen, Grüppchen, Horden in Wald und Flur, anmaßend, rechthaberisch, marodierend, Wesen, grün behütet, mit rotem Streifen drum, Verfilzungen auf und im Kopf, Personen, nur unterscheidbar durch Warnwesten, in gelb, in grün, in rot, kariert, grau bebartet, schmal gestirnt, stumpf gehirnt, seelsorgerisch infiltriert, geriatrisch betreut, alkoholisch stabilisiert, Physiognomien aus der Frühzeit der Menschwerdung, monstrum in fronte, monstrum in animo - ein Monster von Angesicht, ein Monster im Geist, zumeist, naturentfremdete Natur-Vernichter, Tier-Scharfrichter, emotionaler Krüppel, Fabeldichter, kleinkarierte Zunge, faschistoide Grundstimmung, jawohl, Natur braucht Ordnung, braune Tradition und Blasmusik als Horizont, Blutandacht sein Siedepunkt, Schuss und Tod seine Machtejakulation, dann Bierdunst, Korn und Kneipenlärm, Endstation.

 

T ä g l i c h e s  G e b e t
Vater Sonne, Mutter Erde, bitte begleitet alle Tiere auf ihrem Schicksalsweg und behütet eure Tierkinder. Macht euren Fehler bald rückgängig und löscht die Menschheit wieder von der Erde aus. Mischt mein Wesen mit dem der Pflanzen und Tiere, aber lasst mich bitte nach meinem Tod kein Mensch mehr werden. Lasst mich der Ruf eines Vogels, ein Glitzern der Sonne auf einem Wassertropfen oder der Flügelschlag einer Mücke werden, bitte aber kein Mensch mehr!

 

M i s s g l ü c k t
Die größte Lüge: Der Mensch ist die Krone der Schöpfung.
Er ist vielmehr das Wesen, das der Natur am wenigsten geglückt ist.

 

P e r p e t u u m m o b i l e
Überall ist Krieg, überall ist Angst, Leid, Schmerz, einsamer Untergang, qualvoller Tod. Hörst du den Schuss in den Bergen? Er tötet ein unschuldiges, prachtvolles Tier. Ahnst du in der Ferne die Stadt?  Das Blut fließt in Strömen auf den Schlachthöfen, die Angst der Tiere ist bis hierher fühlbar. Siehst du die Häuser in der Ebene? Die Verzweiflung, das Leid, einsames Sterben ist in vielen zu Gast.
Das Perpetuum mobile des Grauens zieht jedes Leben in sein Räderwerk!

 

W ü r d e
Es gibt nicht die Würde des Menschen - es gibt nur die Würde aller Lebewesen, die Würde des Lebens.

 

T y r a n n
Die wesensmäßige Niedrigkeit des Menschen zeigt sich darin, dass er gerade die wehrlosesten Mitgeschöpfe - die Tiere - ausbeutet, versklavt und bestialisch tötet.

 

H e u c h l e r
Der alte Jäger trauert um seinen toten Hund. So hat auch die Natur über jedes von ihm ermordete Tier getrauert.

 

 

P a r a d i e s
Wenn eine Tierseele im Paradies eine Menschenseele trifft, muss sich die Menschenseele sehr tief vor der Tierseele verbeugen und um Verzeihung bitten.

 

V o r s ä t z l i c h e T ä u s c h u n g
Der Mensch ist das trojanische Pferd zur globalen Vernichtung, er ist der Amokläufer der Evolution, der Freitod der Natur.

 

F u r c h t
Die Tiere müssen die Menschen mehr fürchten als umgekehrt, sterben doch die meisten Tiere durch Menschenhand, die wenigsten Menschen aber durch Angriffe von Tieren.

 

H i l f l o s
Wie kann ich das tägliche Morden an der Tierwelt, die Gleichgültigkeit der Menschen am Tierleid, ertragen? Ohnmacht, Verzweiflung, Hilflosigkeit umfängt mich, diese Erkenntnis zerstört und vernichtet mich, raubt mir die Kraft.

 

Z a h l e n
Die Tageszeitung berichtet, dass alle fünf Sekunden weltweit ein Kind stirbt. Bleibt als Ergänzung noch anzumerken, dass jede Sekunde 1000 Tiere für die Menschen ermordet werden.

 

V e r b r e c h e n
Ich habe mich am Mord, am Tiermord beteiligt. Ich habe zu Zeiten meiner Unkenntnis, meiner Unüberlegtheit, meiner menschlichen Überheblichkeit, Tiere gegessen, ohne zu reflektieren, welches Vergehen ich auf mich lade. Heute drückt mich die Erkenntnis meines Verbrechens zu Boden und ich glaube nicht, dass die Natur mir mein Morden nachsehen kann. Ich habe größte Schuld auf mich geladen und kann nichts anderes tun, als um Verzeihung zu bitten. Allerdings muss ich auch eingestehen, dass ich an Stelle von Mutter Natur dieses Verbrechen nicht verzeihen könnte. Die ewige Verdammnis der Erkenntnis liegt auf mir, der große Fluch meiner Vergangenheit begleitet mich.

 

J ä g e r
Neben der Freude am Schusswaffengebrauch im Wald und neben der pathologisch reduzierten Hemmschwelle, Tierleben zu vernichten, hat der Jäger oft auch einen exquisiten Geschmack - liebt er es doch, mit Tierleichenköpfen sein Wohnzimmer zu schmücken. Ähnliches Verhalten ist aus der Geschichte von Kannibalen bekannt und von antiken Völkern, welche die abgeschlagenen Köpfe der Gegner stolz auf dem Markt präsentierten.

 

F e s t s t e l l u n g
Ein Jäger, der ein frei lebendes Wildtier tötet, ein Metzger, der ein gesundes Tier von der Weide schlachtet, ist zweifellos ein Tiermörder. Ein Mensch, der abseits der Notwehr einen Menschen tötet, ist unstrittig ein Menschenmörder. Wir registrieren und erahnen also menschliche Kreaturen, die sich aus der Ehrfurcht vor dem Leben davongestohlen haben, Kreaturen, denen die gesamte Verachtung der ethisch-moralisch Empfindenden gilt, gelten sollte, die aber der Zustimmung des blutgierigen Pöbels gewiss sind und dort ihre geistige Heimat haben.
Folgerung: Die Unvereinbarkeit zwischen der umfassenden Lebensethik weniger Denker und der Masse Mensch, die entsetzliche Wirkungslosigkeit ethischer Empfindungen!

 

T h e r a p i e
Jäger und Politiker ist weniger die Bezeichnung einer Tätigkeit, sondern eine Diagnose, haben doch beide eine Grundeigenschaft gemeinsam: Sie sind selbst die Krankheit, für deren Therapie sie sich halten. Und was ist von ihren therapeutischen Fähigkeiten zu halten? Nichts und noch nicht einmal das!

 

M o n t a g
Montag, der Wochenbeginn, der Start in eine neue Woche des organisierten Massenmordes. Montagmorgen beginnen die Transporte zu rollen, werden die Messer geschliffen, die Knochensägen rotieren, Montagmorgen beginnt das routinierte Grauen von Neuem, Montagmorgen beginnt die Fütterung der Massenmenschen in den Städten, auf dem Land, die Fütterung mit Qualfleisch, mit massenhaft hingerichteten unschuldigen Wesen für einen kurzen Gaumenkitzel, der abends dann wieder kollektiv ausgeschissen wird. Montagmorgen, Dienstagmorgen, Mittwochmorgen, Donnerstagmorgen, Freitagmorgen ist Hiroshima und Nagasaki und Treblinka und Cannae und Waterloo in den Schlachthäusern für die Tiere, in einer Größenordnung, die jede Vorstellungskraft sprengt, jedes Mitgefühl in Blut und Gleichgültigkeit erstickt.

Montagmorgen steht mein Herz still, mein Verstand blockiert, wenn ich an dieses Geschehen, an dieses unvorstellbare Verbrechen denke, Montagmorgen riecht nach Selbstmord, Montagmorgen bedarf es des größten Mutes und Standhaftigkeit, die Hoffnungslosigkeit, die Sinnlosigkeit des Lebens zu erdulden, zu ertragen.

 

J a g d k u l t u r
Wir kennen verschiedenste Ausprägungen des Kulturbegriffes. Kultur im Allgemeinen bezeichnet all das, was vom Menschen selbst hervorgebracht wird sowie geistige Konstrukte, wie Recht, Moral, Religion, Ethik etc. Der Begriff Kultur beinhaltet darüber hinaus nicht nur deskriptive, also beschreibende Komponenten, sondern auch normative Bestandteile. Normative Bestandteile umfassen Hinweise, wie oder was etwas sein soll, Zielvorstellungen einer wünschenswerten Situation, Zielvorstellungen eines erstrebenswerten Zustandes, also beispielsweise Gewaltfreiheit. Gewalt als erstrebenswerter Zustand würde demnach als Kultur der Gewalt zu bezeichnen sein, im allgemeinen Sprachverständnis eine ins Negative gerichtete Umkehrung des Begriffs bedeuten, also eine Un-Kultur, eine Nicht-Kultur beschreiben.

Völlig persifliert, sarkastisch verdreht und missbraucht würde demnach der Kulturbegriff im Zusammenhang mit Mord, Abschlachten, Töten, Massenvernichtung. Das Abendland hat es bislang auch streng vermieden, von einer Kultur der Erschiessungskommandos, der Henker, der Heckenschützen, der Täuscher und Heimtücker zu sprechen - bis auf eine Ausnahme: Man spricht gelegentlich von Jagdkultur. Jagdkultur ist aber nach Vorstehendem ein Widerspruch in sich, eine logische Unmöglichkeit, eine Perversion der sprachlichen Vernunft. Jagdkultur ist die Un-Kultur, die Nicht-Kultur par excellence. Jagd, mit seinen Hauptkomponenten Töten, gemeinschaftlich aus Freizeitvergnügen Tiere hinzurichten, ahnungs- und arglosen Wildtieren heimtückisch aufzulauern, kann folglich mit Kultur weniger in Einklang stehen, als Feuer mit Wasser, als Tag mit Nacht.

Solange sich noch kein Protagonist von Abartigkeiten dazu versteigt, von einer Kultur der Scharfrichter, der Kopfschlächter, der Robbenmörder u.ä. zu sprechen, solange muss das Wort Jagd in Verbindung mit dem Wort Kultur mit dem Bann, dem Anathema der Verachtung belegt sein; Jagdkultur bedeutet letztendlich die Exkommunikation aus dem Kreis jeglicher ethischen Kultur und kann allenfalls als Synonym und zur Verdeutlichung einer verabscheuungswürdigen Sub-Kultur herangezogen werden.

 

H e l d
Ein Held wurde gestern geboren, ein einmaliger, beeindruckender Held, der durch Tapferkeit, dem Willen zur Freiheit ein bleibendes Monument der Lebenskraft schuf. Er war ein großartiger Kämpfer gegen Knechtschaft und Sklaverei, ein Vorbild, das den Kampf um seine Würde, die Verteidigung seines einmaligen und einzigartigen Lebens mit dem Tod büßte. Aufrecht kämpfend verlor er sein Leben, erlag der Übermacht, aber seinen Freiheitsgeist, seinen Willen zur Unabhängigkeit konnte niemand brechen.

 

Frei von jeder Schuld wurde er verurteilt und gnadenlos dem johlenden Pöbel zur Belustigung übergeben, einem Mob, der in seiner Beschränktheit seine Einmaligkeit, Würde, Kraft und Schönheit nicht einmal erahnen konnte. Angehörige dieses Pöbels versteinern vor Schreck, erzittern vor Angst, stehen sie diesem Giganten Auge in Auge gegenüber, wenn sie nicht durch eine schützende Gefängnismauer von ihm getrennt sind.


Behalten wir ihn so in Erinnerung, wie er für die Freiheit starb, gedenken wir seiner in tiefer Trauer und richten uns in unserer Verzagtheit an seiner Willensgröße auf. Möge er allen freiheitsliebenden Wesen ein ewiges Vorbild bleiben, wie er in auswegloser Lage verzweifelt gegen seine Peiniger kämpfte - der wunderbare Stier, der gestern aus einer Arena auf die Zuschauerränge des Pöbels sprang und dort als Held ermordet wurde.

 

S c h w e i n e
Ich erinnere mich, dass ich als Achtjähriger den Mannheimer Maimarkt besuchte, der auf dem damaligen Schlachthofgelände stattfand. An einem Tag zumindest, vielleicht aber auch an allen Tagen des Maimarkts, konnten die Besucher in den eigentlichen Schlachthof hineingehen und beim Tiermord zuschauen. Das Interesse war enorm, die Menschen schauten erst zaghaft in die Tötungshalle, hörten das Schreien der Schweine und näherten sich vorsichtig dem Unglaublichen, begafften die Tierapokalypse.

Ein Schauer zwischen Ekel und Neugier, eine nie erlebte Stimulierung der Sinne trieb sie vorwärts. Die Faszination des Serienmordes ergriff sie, das Abstechen, das Ausbluten wurde mit halb abgewandtem Gesicht kommentiert, beobachtet, besprochen. Man verlor schnell die Scheu vor der Vernichtungsmaschinerie, ging an den Tötungsboxen vorbei, sah beim weiteren Zerteilen der Kadaver zu und kam irgendwann in eine Halle, wo an Laufhaken die ausgenommenen und halbierten Schweine hingen.

Es wurde schon wieder uninteressant, langweilig, eine Schweineleiche glich der anderen, der Kitzel des Todes, die Erregung durch das Morden war abgeklungen. Die Todesvoyeure konnten beruhigt ihr Bier trinken gehen und ein Bratwürstchen vor der Todeshalle essen, die Massenhinrichtung hinter der Mauer war fast vergessen, es waren doch nur Schweine, drinnen wie draußen, drinnen die tierischen, draußen die menschlichen, die unmenschlichsten.

 

A u s g l e i c h
Während seiner irdischen Existenz verschlingt und vernichtet der Mensch tausende von Tiere. Er isst sie, verdaut sie, aber er verliert den Kampf um den letzten Bissen. Der letzte Bissen gehört den Würmern, wenn sie dereinst durch den Menschenkadaver kriechen und ihn bis auf die Knochen abnagen.

 

K l e i n t i e r e
Die Kinder sind größer geworden, die Besitzer haben das Interesse verloren und das einstige Spielobjekt wird skrupellos entsorgt. Man hatte es damals wie eine Stoffpuppe zum Spiel gekauft, hat das Tier ausgenutzt, in Isolationshaft gehalten, sein einmaliges und wertvolles Leben für eine Laune zerstört, man hat ihm all das angetan, was für einen selbst als das Unvorstellbare schlechthin gilt. Der Hamster, die Ratte, das Frettchen, der Zwerghase werden ins Tierheim entsorgt, das Gewissen ist beruhigt.

Aber Lebenswille und Hoffnung bleibt selbst dem kleinen Nager erhalten, auch wenn sein Leben an absurdeste Bedingungen geknüpft ist. Das Tier - unfähig zum Freitod - hat die einzige Aussicht, für seinen Lebensrest auf eins der seltenen Menschenwesen zu treffen, das ihm zu einer artgerechten Restexistenz verhilft. Ansonsten muss es auf dem Leidensweg des Lebens - wie bisher - weiter wandern; der Fluch der Geburt ist sein engster Begleiter.

 

V e r r a t
Am Strick führte der Bauer das wenige Wochen junge Stierlein über die Wiese. Er beruhigte es, er streichelte es, er heuchelte Normalität. Das Tier vollführte Bocksprünge voller Lebensenergie, wobei unklar war, ob sich das Stierlein über die Wiese, die Veränderung der Situation oder über die Sonne, die es zum ersten Mal auf seinem Fell spürte, freute. Vielleicht wollte es auch nur zur verzweifelt schreienden Mutter zurück, in ihren Schutz.

Es ahnte den Verrat noch nicht, kannte die Lüge, die Infamie des Menschen nicht. Am Ende der Wiese stand der Viehtransporter, am Ende der Fahrt der Schlachthof, am Ende des Tages seine Ermordung. Der Morgen, mit seiner erstmaligen Erfahrung von Sonne und Blumenduft, endete am Abend in der Tötungshalle, das Tierkind in der Kühltheke des Supermarktes.

Der Bauer ist sich seines Verrates, seines verlogen mörderischen Wesens nicht bewusst, Verrat und Mord scheint ihm normal bei Tieren. Aber er weiß nicht, dass vor der Natur jedes Leben gleich zählt, gleich unbedeutend ist. Insofern fühlt er nicht den unsichtbaren Strick des Schicksals, der ihn über die Wiese des Lebens zerrt mit dem Unterschied, dass seine Reise zu seiner Todesstation länger dauert, dass ihn Hoffnung, Verzweiflung und Todesangst länger narren werden, als das Stierkind gestern, bis auch er schließlich in der Kühlbox einer Menschenkörperbeseitigungsanstalt endet.

Tier und Mensch sind gleich geworden durch den Tod, die Natur hat den Verräter zur Gleichheit aller Wesen gezwungen, zu einer Gleichheit, die er zu Lebzeiten nicht gegenüber der Natur, gegenüber dem Leben, kannte, die er immer überheblich verleugnete.

 

N u t z t i e r e
Als die Tiere gehört hatten, dass der Mensch einigen von ihnen die Bezeichnung Nutztiere gegeben hatte, kamen sie zusammen und überlegten, ob es umgekehrt auch den Nutzmenschen gäbe. Sie diskutierten sehr lange, fanden aber für Nutzmensch keine geeignete Beschreibung, fanden keinen Nutzen am Menschen für die Natur und einigten sich schließlich auf den Begriff unnützer oder nutzloser Mensch - als Symbol für das Nutzloseste schlechthin.

 

Ü b e r l e g e n
Ich beneide niemanden, nie und nimmer. Aber wenn ich wählen könnte, welche Wesenszüge ich gerne hätte, dann die meiner Hunde. Demütiger Einklang mit dem zugewiesenen Schicksal, das kleine Glück des Tages genießend, Schmerz und Sorgen ertragend, klaglos, bescheiden. Zu dieser Größe hat sich nie auch nur ein einziger Mensch aufgeschwungen: die wahre Überlegenheit der Hunde. Tiere, die wahren Götter der Natur.

 

K u h
Die schwarz-weiße Kuh grast zufrieden auf der blumenübersäten Wiese. Ein Bild des Friedens. Sie weiß noch nicht, dass man sie eines Tages an einen Ort bringen wird, wo man sie an den Hinterbeinen hochzieht, nachdem man ihr die Kehle durchschnitten hat und ihr Blut über die Fliesen rinnt. Die Schönheit, das kurze Glück mancher Momente täuscht über die Grausamkeit des Lebens - beim Tier wie beim Mensch.

 

S e n n e r
Wie kann solch eine Verlogenheit, solch eine Heuchelei in einem Menschen existieren, ohne ihn gewissensmäßig zu vernichten?
Der Senner ruft seine Kuh mit Namen, ruft sie Lina, sie reagiert, kommt vertrauensvoll zu ihm, lässt sich das Fell von ihm bürsten, folgt ihm. Es ist der gleiche Senner, der später mit seinen Lina-Rufen das Tier auf den Viehtransporter lockt, auf den Transporter zur Todesfahrt. Es ist der gleiche Senner, der die ahnungslose, die arglose Lina täuscht und hintergeht. Skrupellos nützt er das Vertrauen des Tieres aus, skrupellos missbraucht er die Bindung des Tieres an ihn, skrupellos wandelt er die bisherige Zuwendung von einer Minute auf die andere in ihre existentielle Vernichtung.
Er merkt es nicht, er fühlt es nicht und wenn er es verstehen könnte, würde er es nicht glauben, dass er ein Verräter, ein blutiger Henker ist - ein Judas der Natur, die Dornenkrone der Schöpfung, eine Missgeburt der Evolution.

 

N i c h t w i s s e n
Ich weiß es nicht und kann nicht sagen, ob meine Überlegung stimmt, aber ich glaube, dass die Tiere nicht um das schauerliche Elend ihrer Artgenossen in der Welt wissen. Dieses Nichtwissen ist die größte Gnade, die ihnen die Natur gewähren konnte, ihnen, die sie zum Selbstmord aus Verzweiflung doch nicht fähig sind.

 

N u m m e r n
Konvention der Schizophrenen: Haustiere werden gestreichelt, Nutztiere werden getötet; Haustiere haben einen Namen, Nutztiere haben Nummern. Nur eines hat man übersehen. Der Mensch in der Masse wurde gleichfalls zur Nummer degradiert. Nummern kann man immer, so lehrt uns die Geschichte, ohne Skrupel auslöschen.

 

G e s p r ä c h
Es ist grundsätzlich der gleiche Ablauf, gehorcht doch jedes Gespräch über Tiermissbrauch mit einem beliebigen Fleischesser folgendem Schema: Er bekennt zunächst, dass auch er großer Tierfreund sei, dass er kaum Fleisch esse und wenn er welches esse, dann nur Biofleisch und dass das, was mit den Tieren geschehe, wirklich schrecklich sei. Insistiert man weiter, warum er Tiertötungen - trotz seines Wissens um deren moralische Verwerflichkeit - nicht persönlich entgegentrete, nehmen seine rhetorischen Windungen meist clowneske Züge an. Das Gespräch endet gewöhnlich damit, dass unser Gegenüber uns durch sein Schweigen niederbrüllt, das Thema wechseln will und sich bei nächster Gelegenheit schneller zurückzieht, wie seine Finger von einer heißen Herdplatte. Wir haben nicht den Mund für seine Ohren, für seinen Verstand.

Das Gesprächsergebnis ist, wie das Gespräch selbst, von stereotyper Regelmäßigkeit. Unser Gegenüber hat nicht bemerkt, wie er in den tiefen Abgrund zwischen seinen Worten und Taten gestürzt ist, wie er sich in seiner intellektuellen Redlichkeit erniedrigt hat, er weiß hingegen aber sicher, dass er richtig handelt und uns zürnen muss.

 

B r u c h
Morgens gehe ich die zweihundert Meter zum Zeitungsladen, schaue dabei auf die Bergwiesen und genieße die Kühle des beginnenden Tages. Ich bin entspannt, im Einklang mit mir, mit meiner Umgebung.
Ein Viehtransporter fährt vorbei. Im selben Moment steht mir das Grauen vor Augen, das täglich, auch zu diesem Moment, in den Schlachthäusern geschieht. Die Verzweiflung ist zurück, die Entspannung wird von einer tiefen, umfassenden Depression weggefegt, Wut, Ohnmacht und Abscheu bestimmen wieder meine Gedanken, ich zerbreche noch an diesem Wahnsinn.

 

F l e i s c h
Machen wir uns nichts vor, wir, die wir unsere Mitlebewesen für gleichwertige und ebenbürtige Geschöpfe halten, schauen wir der Realität ins ungeschminkte Gesicht. Die Tierwelt wird in absehbarer Zeit zwischen den Blöcken des ungebremsten menschlichen Wachstums, der wirtschaftlichen Profitgier und dem weltweit zunehmenden religiösen Irrsinn, zerrieben werden.
Was dann von diesen stolzen, würdevollen Wesen noch übrig bleibt, sind elend vegetierende tierische Fleischlieferanten, für die der Tod dereinst das größte Gnadengeschenk sein wird.

 

T e c h n i k
Eine Weiter - oder Höherentwicklung des Menschen in Denken und Moral gibt es nicht. Er ist der gleiche instinktgetriebene und dumpfe Aggressor geblieben, wie sein steinzeitlicher Vorfahr und wird es auch weiterhin bleiben. Lediglich seine vor Jahrtausenden begonnene Domestizierung und permanenter Gesetzesdruck kaschieren die ihm immanente Vernichter-Mentalität und täuschen eine ethische Besserung vor.

Was den modernen Zeitgenossen allein heraushebt aus seiner rabiaten Ahnenreihe ist lediglich der technische Fortschritt, der eine moralische Weiterentwicklung vorgaukelt. Es ist aber auch der gleiche technische Fortschritt, der es der Menschheit gerade wegen ihrer unveränderten geistigen Unzurechnungsfähigkeit ermöglicht, all diejenigen endgültig auszulöschen, die an diesem Fortschritt nicht teilhaben können oder dürfen - Natur, Tierwelt und in zunehmenden Maße auch die eigenen Artgenossen.

Und wie lehrt die Bibel? Der Mensch ist das Ebenbild Gottes.
Fazit: Sage einem Idioten, dass er großartig ist und er wird es sofort voller Stolz glauben und sich großartig fühlen. Religion ist das Narkotikum, das tödlichste Gift der Erde, der Suizid der Vernunft.

 

M e n s c h e n v e r a c h t u n g
Menschenverachtend - das Schlagwort der uniformen und opportunistischen Nachplapper-Gesellschaft. Aber wollt ihr wirklich wissen, was menschenverachtend ist?

Menschenverachtend ist die ungebremste Überschwemmung des Planeten mit genormten, ähnlichsten, fast geklonten und zukunftslosen Variationen der Menschenspezies, das Hinaustreiben dieses erbärmlichsten aller Säugetiere in eine Welt, die seiner nicht bedarf, die jedoch an seiner Masse zu Grunde geht.

Das ist nicht nur menschenverachtend, das ist im extremsten Maße lebensverachtend, denn die ungehemmte Menschenproduktion zieht wie ein Schweif den Genozid der Arten und die individuelle Tragödie jedes Individuums hinter sich her. Ihr verlogenen Kämpfer gegen die "Menschenverachtung" seid in Wahrheit die Prediger der globalen Lebensvernichtung, Fürsprecher weltweiter Leidensbewahrung und Propagandisten der teuflischsten Art der Menschenvernichtung.

 

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