Hin und wieder erleben wir in den Medien eine Debatte um "christliche Werte". Will man nähere Einzelheiten über diese Werte erfahren, so bleibt es einem nicht erspart, aus dem Bücherregal ein Buch zu entnehmen, welches sich "Die Bibel" nennt und welches diese Werte angeblich beinhaltet und vermittelt. Aber kann diese Schriftensammlung ernsthaft unser aller sittlich - moralischer Kompass für unser Leben sein?


Religionen sind ja meist unterschiedliche kulturelle Phänomene, die menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen sowie auch Wertvorstellungen normativ beeinflussen.
Religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme stehen oft in langen Traditionen und beziehen sich zumeist auf übernatürliche Vorstellungen. So gehen viele Religionen von der Existenz eines überweltlichen Wesens aus und machen Aussagen über die Herkunft und Zukunft des Menschen, etwa über das Nirvana oder Jenseits. Sehr viele Religionen weisen oftmals auch gemeinsame Elemente auf, wie z.Bsp. die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen oder bauen aufeinander auf, wie beispielsweise Judentum und Christentum.

Zu den weltweit größten Religionen zählen das Christentum, das Judentum, der Islam, der Hinduismus, Buddhismus und Daoismus. Bei uns in Deutschland ist vorwiegend das Christentum vorherrschend und sehr oft klingt es uns in den Ohren, wie kirchliche Würdenträger, Christen und nicht selten auch namhafte Politiker uns das Lied von vermeintlichen christlichen Werten vorträllern, die uns dank des Christentums angeblich in unser aller Denken und Handeln hineingesät und vermittelt wurden. Tatsächlich?

Welche Werte sind hier wohl gemeint? Bildet etwa der christliche Glaube die Grundlage für unser soziales Handeln und für alle unsere sozialen Normen? Verdanken wir unsere ethischen und moralischen Wertmaßstäbe tatsächlich dem Christentum und den daraus entstandenen christlichen Kirchen?
Was meinen wohl unsere Politiker und die Geistlichen in ihren schwarzen Talaren und Gewändern, sobald sie sich stolz und himmelhochjauchzend auf christliche Werte berufen? Meinen sie vielleicht die biblischen Wertvorstellungen und Normen?

Außer den Zehn Geboten und der neutestamentlichen Bergpredigt Jesu vermag ich dieser Schriftensammlung nicht allzusehr viel positives an Wertmaßstäben für uns Menschen abzugewinnen. Die Zehn Gebote sowie auch die Berpredigt Jesu in allen nur erdenklichen Ehren, jedoch was den Rest der "Heiligen Schrift" betrifft, so möchte ich mir deren Wertvorstellungen und Normen nur ungern zu Herzen nehmen, denn sehr viele biblische Aussagen  vergewaltigen meine menschliche Vernunft und würden ohne Zweifel die gesamte Menschheit ins Chaos stürzen, falls die Bibel von der ersten bis zur letzten Seite unsere ethischen und moralischen Normen bestimmen würde.

  
Und andererseits frage ich mich: wenn hinsichtlich der biblischen Zehn Gebote hochrangige Werte für unser Leben abgeleitet werden, wer dann wohl nach diesen Werten lebt und handelt.
Die Politiker sicherlich am allerwenigsten und viele Christen scheinen mit diesen Werten nicht weniger grosse Probleme zu haben. Bereits schon das erste Gebot hat es in sich:
"Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir." Mit anderen Worten: Im Leben derer, die sich dank der biblischen Zehn Gebote auf christliche Werte berufen, darf nichts einen höheren Stellenwert haben als Gott, also auch nicht der Partner, nicht die Familie, nicht das Geld, nicht das Auto, nicht der Job sowie auch nicht der eigene Fussballverein.


Andererseits gibt es auch einen sehr interessanten Text im Neuen Testament: Ein Schriftgelehrter will es von Jesus ganz genau wissen, welches Gebot das wichtigste ist und somit besonders wertgeschätzt werden sollte. Diese Stelle finden wir in Matthäus 22,37-40: "Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? Jesus aber antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."


Ist uns klar, was das heißt und bedeutet? Ganz einfach: Wir können sämtliche dieser christlichen Werte umgehend und komplett vergessen, wenn nicht immerzu die Liebe zu unseren Mitmenschen die Triebfeder all unseres Handelns ist, die überhaupt dazu führt, daß man nach gewissen Werten leben will. Aber dessen ungeachtet predigen uns Politiker und kirchliche Fundamentalisten immer wieder die christlichen Werte in unsere Ohren, als ob ohne diese Werte unser armes Deutschland und glorreich vereintes Europa wie ein Kartenhaus einstürzen und zusammenbrechen würde. 
Selbstverständlich sind Grundwerte wichtig und bestimmen als Leitnormen unser menschliches Zusammenleben. Aber wenn ich mir diese Grundwerte unseres Miteinanders und Zusammenlebens einmal genauer betrachte, so werden diese Werte in den biblischen Schriften sowie auch in der christlichen Tradition und Dogmatik wohl eher mit Füßen getreten, wie z.Bsp.:

 

  • die Würde und Freiheit des Menschen,
  • Gleichberechtigung,
  • Rücksichtnahme und Fairness,
  • soziales Verhalten,
  • Hilfsbereitschaft,
  • Solidarität,
  • Mitmenschlichkeit,
  • Gemeinwohl, 
  • Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft,
  • Kompromissfähigkeit,
  • Friedensbereitschaft,
  • Vorurteilsfreiheit,
  • Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit,
  • Zuverlässigkeit,
  • Mut, Selbstdisziplin und Verantwortlichkeit.

In der "Heiligen Schrift" begegnen uns besonders in der Lehre und Verkündigung Jesu viele Aussagen , die ethisch und moralisch sehr positiver Natur sind, andererseits jedoch auch viele Aussagen, die ethisch und moralisch unmöglich befürwortet werden können und daher nie und nimmer vertretbar sind.

Schauen wir andererseits auf die christlichen Kirchen und deren Geschichte, so begegnen wir vielen unmoralischen Normen, die als Grundwerte für unser Leben wohl kaum in Frage kommen können.

Mit anderen Worten: die von der Kirche begangenen Verbrechen, ihre unsinnigen Dogmen, absurden Riten und Zeremonien, ihre Intoleranz und Inhumanität gegenüber Andersdenkenden - all dies können nie und nimmer grundlegende Werte für uns Menschen sein. Und angesichts vieler begangenen Greueltaten hat sich die Kirche immer wieder auf die "Heilige Schrift" berufen, jedoch keineswegs auf die Zehn Gebote oder auf die Berppredigt Jesu, sondern die Kirche bediente sich allzusehr oft gerade jener biblischen Aussagen und Gebote, in denen Mord und Gewalt, Intoleranz und Inhumanität den bibelgetreuen Gläubigen verordnet werden. Kein Wunder also, dass die Kirche im Verlauf ihrer Geschichte und unter Berufung auf die "Heilige Schrift" eine grausige Blutspur mit Millionen von Opfern hinterlassen hat: Eroberungen, Zwangschristianisierungen, Versklavung ganzer Völker, Kreuzzüge, Pogrome gegen Andersgläubige, Verfolgung und Ausrottung alternativer christlicher Bewegungen, Inquisition gegen sogenannte „Ketzer“, Hexenverbrennungen und koloniale Zwangsmissionierung gehen auf das Schuldkonto der christlichen Kirchen, deren Religion auf dem Fundament der Lehren eines Jesus von Nazareth beruht.

Mit rund 2,26 Milliarden Anhängern ist sie vor dem Islam ( mit rund 1,43 Milliarden Anhängern ) und dem Hinduismus ( mit 900 Millionen Anhängern ) die am meisten verbreitete Religion der Erde und Christen glauben,  dass Jesus gemäß der "Heiligen Schrift" der Sohn Gottes und der Retter der Menschheit ist.
 

 

 

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